03. Juni 2021

Spielball OSZ?

Verzichtet die Stadt Potsdam auf ausgebildete Handwerker?

Potsdam, 02.06.2021

Das einzige Potsdamer Oberstufenzentrum für Technik soll „platt gemacht“ werden. Ist das Abitur mehr wert als eine duale und berufliche Ausbildung?

edes Elternteil und die Potsdamer Stadtspitze träumen scheinbar nur noch von Schülerinnen und Schüler mit Abitur. Deshalb wurde vor zwei Jahren noch schnell eine weitere Gesamtschule „Am Schloss“ gegründet. Nun stellen Vertreter aus Bildung und Politik plötzlich fest, dass der Standort, wie es ja natürlich vorher keiner wissen konnte, bis 2024 aus allen Nähten platzen wird und planen nun schon wieder ein Gymnasium, also Nummer 7.

Da sucht man natürlich nach neuen Standorten und kommt auf das optimal gelegene OSZ in der Jägerallee, das mit seinen technischen Ausrichtungen und teuren technischen Fachkabinetten ohne weiteren Aufwand und ohne zusätzliche Steuergelder übernommen werden könnte. Konsequenz: Die berufliche Bildung bleibt auf der Strecke.

 

Thomas Pehle, BLV- Landesvorsitzender: „Braucht die Stadt Potsdam gut ausgebildete Handwerker mit einer technisch ausgerichteten Ausbildung in Potsdam nicht mehr und zieht sich zugunsten der Gymnasien und Gesamtschulen zurück? Verzichtet die Potsdamer Politik entgegen aller Versprechen Industrie und Handwerk zu fördern auf berufliche Ausbildung als Standortfaktor und macht sich einen schmalen Fuß? Den Eindruck muss man bekommen.“
Und welche Rolle spielt das zuständige Schulamt, das aus schulaufsichtlicher Sicht eine Erweiterung der Gymnasialplätze empfiehlt und dafür das Oberstufenzentrum wegen nachlassenden Bedarfes fallen lässt?
Gesellschaftlich steht noch eine Frage im Raum: Wollen wir weiter dem Slogan folgen: Hauptsache jedes Kind hat Abitur? Oder glauben die Betreiber dieser Idee, dass die Abiturientinnen und Abiturienten Maler-, Tischler- oder Maurerarbeiten übernehmen? Jeder regt sich im Übrigen auf, dass Handwerkerleistungen teurer werden, geschweige, dass man einen Handwerker überhaupt noch bekommt.

Der BLV kann an die Potsdamer Politik nur mahnen: Stärken Sie die berufliche Bildung in der Landeshauptstadt. Etablieren Sie so ein erfolgreiches Modell eines beruflichen Gymnasiums unter dem Dach des OSZ - Technik Potsdam, welches übrigens preiswerter wäre. Richten Sie dort berufliche Schwerpunkte, wie Metalltechnik, Bautechnik, Gestaltungs- und Medientechnik oder Biotechnologie, ein. Schaffen Sie gute Übergänge für die Potsdamer SchülerInnen und Schüler ab der 10. Klasse. Integrieren Sie die Sachkompetenz der IHK und HwK in der Berufsorientierung. Bauen Sie die schon vorhanden Fachschulen aus und stärken Sie die Fachoberschulen mit Ihren Schwerpunkten Technik, Wirtschaft und Gesundheit.

Damit würden die Zahlen in den Berufsschulklassen auch schlagartig steigen. Gezielte Berufsberatung mit ständigem Kontakt zu den Fachleuten im Schulalltag ist die beste Werbung für Berufe, die angeblich keiner ergreifen will, aber jeder Bürger früher oder später in Anspruch nimmt. Nun bleibt die Frage, was die Stadtverordneten beschließen werden? Der Ruin der beruflichen Bildung in Potsdam oder eine Stärkung der beruflichen Bildung?
Noch ist alles bei gutem Willen aller Akteure möglich.

Der BLV Brandenburg, der die berufliche Bildung in Brandenburg vertritt, wird es auf keinen Fall hinnehmen, dass das einzige OSZ in Potsdam, dass Handwerker ausbildet, geschlossen wird. Es gibt andere Wege. Einer ist hier aufgezeigt, der neu, attraktiv und den Bedürfnissen der Wirtschaft und der Bürger, die das solide Handwerk auch in Potsdam weiter in Anspruch nehmen wollen, entspricht. Die Verantwortlichen müssen mit Vertretern der beruflichen Bildung reden, nicht über sie.
Der BLV steht für solche Gespräche zur Verfügung und wird sich in die Diskussion auf alle Fälle einmischen.
So kann das OSZ in Potsdam ein Leuchtturm der Stadt Potsdam werden und seinen Standortvorteil ausspielen.

Die Pressemitteilung des BLV finden Sie hier.